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BYND

Konstantin Arnold

ARBEITSLOS

Gerade haben wir unsere vom Skaten durchgeschwitzten Klamotten in den Waschsalon gebracht, der sich ein paar hundert Meter die Straße hinauf befindet. Mit Trocknen dauert es eine knappe Stunde, die wir unter keinen Umständen in diesem Laden totschlagen können. Ein spärliches Aufgebot an durchschnittlichen Waschmaschinen und Trocknern auf vielleicht zwölf Quadratmetern. Die Wände sind schon einige Male Überstrichen worden und die Qualität der Gartenmagazine nähert sich langsam, aber sicher dem Unlesbaren. Das Licht ist so grell, dass wir entscheiden den Schongang vor dem reinlichen Etablissement zu verbringen und unsere Arbeitssuche fortzusetzen. Wir sind in Oamaru. Nicht, weil es hier neben dieser Minirampe in der ersten Etage eines Surfshops irgendetwas Tolles zu erleben gibt. Es ist ein kleines Städtchen an der Ostküste ohne wirkliche Daseinsberechtigung. Ein paar Antiquitätenläden reihen sich in der Mitte des Ortes aneinander und verkaufen verstaubte Einzigartigkeit in Form von Schmuck, Altherrenbekleidung und Büchern mit abgedrehten Titeln. Die Architektur der Häuser würfelt aus allen Teilen der Erde etwas zusammen und die Pinguinkolonie am Ende des Hafenpiers bildet das Highlight der Stadt. Dieses Örtchen existiert abseits des Touristensonars und das macht es irgendwie aus. Wir fühlen es, obwohl wir den Grund dafür noch nicht gefunden haben. Es gibt eine Brauerei, in die man hier abends Ausgeht, wenn man Menschen treffen möchte, die man noch nicht kennt. Gegen Nachmittag hat uns Jeremy eingeladen, zusammen ein paar Bier trinken zu gehen. Leon, der in Neuseeland das Rip Curl Marketing bestimmt, wäre auch dabei, sagt Jeremy. Ihm gehört der Surfshop, dessen erste Etage eine Minirampe im Jugendstil schmückt, die wir unseres Erachtens in den letzten Tage fast völlig auseinander genommen haben. Jeremy kennt hier eine Menge Leute und hilft uns Arbeit zu finden, um endliche diesen Flieger nach Zentralamerika bezahlen zu können. Gestern haben wir einen sonnigen Tag ohne Wellen damit verbracht, fremde Farmen zu besuchen in der Hoffnung irgendein Milchbauer wäre beschränkt genug, zwei pubertierenden Deutschen auf Durchreise einige Wochen Arbeit zu versprechen. Das war natürlich nicht erfolgreich, aber aufregender als die endlose Suche im Überfluss des Internets. Unzählige Möglichkeiten können nämlich manchmal krank machen, weswegen wir nur das nötigste in den Plastikkisten verstauen, die wir im Moment unseren Kleiderschrank nennen. Mario meinte, dass er noch knappe Hundert auf seinem neuseeländischen Bankkonto zur Verfügung hätte. Ich bin fast blank, nachdem ich unsere letzte Filmentwicklung bezahlt habe. Dennoch setzen wir alles auf eine Karte und nehmen Jeremys Einladung an. Man weiß ja nie, wen man in einem küstennahen Brauhaus treffen könnte. Vielleicht einen Milchbauern mit Bedarf an weltmännischen Arbeitskräften oder die schöne Kanadierin, von der in Oamaru alle erzählen. Wahrscheinlich ist die Theke nur voll mit Arbeitssuchenden, die es sich leisten können schon kurz nach vier ein paar kühle Blonde zu kippen. Als es dunkel wird haben wir die Bescheidenheit des Kennenlernens hinter uns gelassen und Leon erzählt uns, wie er bei einem Bells Beach Pro vergangener Tage ausversehen in das Hotelzimmer einer nackten Alana Blanchard gestolpert ist. Oder wie Meister Medina versucht hat, die Musik auf Leons Ipod herunterzuziehen um sein Heat Warm Up musikalisch zu bereichern. Es ist lustig und wir lachen viel von Herzen. Der Mann, dem die Brauerei gehört, lässt zur Erleichterung ein paar Runden springen. Jeremy erzählt mir, dass Oamaru im letzten Jahrhundert die damals weltgrößte Wurstindustrie beherbergte und drauf und dran war größer als das heutige Los Angeles zu werden. Irgendwann war das […]

WIRKLICH WILD

Jetzt sitze ich in einem Café mit Ausblick, das im Erdgeschoss Schokoladentrüffel an übergewichtige Touristen verkauft und genieße einen frischgeduschten Körper. Neben mir ist ein Tisch mit drei älteren Damen, die der Unterhaltung zu folge nach Queenstown gekommen sind, um ihrer weltgewandten Wintermode jährlich die Möglichkeit zu geben, getragen zu werden. Ich versuche mir die Überwältigung für beheizte Räume und frisches Geschirr nicht anmerken zu lassen und genieße eine kultivierte Herrentoilette auf der sie in gedämpfter Lautstärke die neusten neuseeländischen Hits spielen. Gestern konnten Mario und ich bei einer jungen Deutschen, die wir in der in der Fußgängerzone kennengelernt haben, endlich das Lagefeuer aus den Klamotten waschen. Bis auf den Ausschlag an meinem Hals und fünf Farbfilme, die wir per Einschreiben über die gesamte Südinsel schicken mussten, um bis zur Deadline entwickelt zu werden, ist von den Zeichen der letzten Wochen nicht mehr viel übrig. Ich frage mich wie es Simba`s Handgelenk und seiner Augenentzündung geht. Ich frage mich, ob ich jemals wieder Dosenbier trinken kann und bin überrascht, wie viel Zeit die basalen Dinge des Lebens einnehmen, wenn man mit guten Freunden Wälder ohne Wanderwege betritt. Wo fange ich an und wo höre ich auf? Vielleicht möchte die Kellnerin des Cafés die Klischees bedienen, die diese Art Geschichten bereitzuhalten scheinen. Ja, wir haben Feuer gemacht und das Abend für Abend. Ja, wir waren neben Seehunden die meiste Zeit die Einzigen im Wasser und das Morgen für Morgen. Einmal sind wir wirklich um die nächste Kurve gefahren und haben Wellen gefunden, wie sie in gern gelesenen Surfmagazinen in Hochglanz proklamiert werden. Nur die Massen an aggressiven Sandmücken haben irgendwie nicht zu dieser Bilderbuchfaszination gepasst. Also fuhren wir weiter, um unsere Zelte von nun an so nahe an der Wasserkante zu parken, dass man bei Flut in die Brandung pinkeln konnte. Wir haben hinterfragt, ob wir wirklich wild genug sind, als man zwischen nächtlichen Lagefeuergeschichten und ausreichend Empfang die Geräusche einer Kurzmitteilung vernehmen konnte. Deswegen haben wir die beiden Äxte gekauft; einen alten Baum gefällt, den man eigentlich auch als großen Strauch bezeichnen könnte und das obwohl es auf diesen fiesen Steinstränden genügend Treibholz gab, um unsere pyrotechnische Ader von der Leine zu lassen. Wir waren sieben. Sieben Charaktere, die ihren Teil dazu beigetragen haben, dass wir in der Nacht unserer Zusammenkunft in Wellington aus jeder Bar geflogen sind, die nichts gegen zeitgemäße Kopfbedeckungen einzuwenden hatte. Auf der Fähre zu Südinsel gab es günstiger Weise keine muskelbepackten Türsteher, auch wenn uns die Frau, die für eintausend Passagiere Rühreier kocht, höflich gebeten hatte, das Boardrestaurant zu verlassen. Bis auf den einen oder anderen Cafébesuch, der dazu diente unsere Süßwasserkanister aufzufüllen und über Mädchen zu reden, waren das die wenigen Berührungspunkte mit gesunder Infrastruktur und Strom aus der Dose. Ansonsten schafften wir es einen ganzen Tag ohne die Zeitverschwendung im Kühlregal zu genießen, weil wir endlich ein paar Fische an der Leine hatten und ein paar genießbare Muscheln von den Felsen pflückten. Vor dem Einschlafen habe ich gebetet, den Rest der Nacht nicht damit verbringen müssen, gehockt zwischen den Büschen ungesundem Stuhlgang nachzutrauern. Das war in einer dieser einsamen Buchten, in denen Nils und Armin eine angefangene Flasche Gin und eine Zeitung aus den 60ern fanden. Einmal sind wir über fünfhundert Kilometer gefahren, damit wir eine Nacht später im Regen und ohne Meerblick aufzuwachen konnten, um durchnässt und reuelos erneut die Küste zu wechseln. Irgendwann haben wir aufgehört Kilometer damit zu verschwenden überkopfhohen Tiefdruckgebieten nachzujagen, weil wir mit dem zufrieden waren, was man zu unserer alleinigen Verfügung aus den Vorzelten beobachten konnte. An die Einsamkeit in neuseeländischen Gewässern konnte man sich gewöhnen. Nur nicht an die Seehunde, die zwischen Seegras und solidem Eastswell ihre Pirouetten drehten. Mario hatte die letzten vier Monate genügend Erfahrungen in einer Strandkneipe sammeln können, um uns in den Dünen mit zwei Orangen und ein paar Kaffeetassen einen Old Fashion zu zaubern, der uns für einige Abende die sonnengebräunte Kehle verbrannte. So ließ sich natürlich dekadent an der Geschichte arbeiten, die wir irgendwann einmal dazu benutzen können, die brünette Barbesucherin davon zu überzeugen, die Mutter unserer Kinder zu werden. Seit zwei Tagen gehen wir nun wieder getrennte Wege. Armin und Simba sind nach Norden gefahren. Jordan muss sicherstellen, dass Nils seinen interkontinentalen Flieger bekommt. Mario und ich sind auf dem Weg in den noch wilderen Süden, auch wenn ich Mutti versprechen musste nicht weiter als bis zu den Caitlins an meinen nichtvorhandenen Surf Skills zu arbeiten, weil dort die Fische einfach zu groß werden. Dem Fotografen haben wir auf der Mattratze unseres Vans einen Lift bis nach Queenstown gegeben, weil er hier mit einer deutschen Backpackerin schlafen möchte, die er vor einigen Wochen auf einem Festival getroffen hatte. Vom Fensterplatz der obersten Etage meines Cafés kann ich touristische Fußgänger beobachten, die damit beschäftigt sind in den Einkaufsstraßen dieser Stadt ihre Zeit […]

Holiday Adjustment von Wirklich Wild

MATAKANA

Diese Überschrift könnte alles bedeuten. Majestätisch reiht sich ein Vokal an den nächsten und hinterlässt ein Wort, dessen Klang länger hallt, als es Silben zum Aussprechen gibt. An diesem Ort werden Barrels geboren und Rückräder gebrochen. Was auf dieser Insel passiert, bleibt auf dieser Insel, wie halbe Polyesterboards und gerissene Fußleinen. Nur die Geschichten von hohlen Wellen und sanfter Kiefernluft schaffen es über die Kleinstadtgroße Hafeneinfahrt. Es war wieder einer dieser Tage, hört man sie sagen. Es hatte eine halbe Woche Westwind geblasen, der direkt hinter der Baumgrenze auf 15 Sekunden Groundswell treffen konnte. Aus tiefem Wasser kommen sie, die Wellen, die mit ihren Geschwistern der zugänglichen Küstenlinie nichts gemein haben. Ein paar vorgelagerte Riffe bündeln diese Energie und formen Sandbänke, die wie knietiefe Bollwerke standzuhalten versuchen. Perfektion übernimmt auf Matakana das Sagen und produziert eine respektvolle Stille, die nur von überschlagenden Wellen und ankernden Booten zu unterbrochen werden scheint. Es ist ein mystisches Szenario, das einem durch den Kopfgeistert, wenn man am Vorabend gegen 20 Uhr versucht in den Schlafrhythmus zu finden, weil man vier Uhr morgens zum […]

BARISTA

Erinnerst du dich, an deine Zeit in Übersee. An das Kaffee mit der schönen Immigrantin, von der du dir jeden Morgen gewünscht hast, sie würde ihre Telefonnummer in den Milchschaum malen. Nach einer guten oder schlechten Session trifft man jeden den man treffen oder nicht treffen möchte und tauscht aus, schleißt Freundschaften oder verliert eine Runde Backgammon. Erinnerst du dich, an die Zeit in Übersee. An den Kaffee, der neben deinem durchgefrorenem Iglu Zelt, die einzige Wärmequelle zu sein schien, die neuseeländische Wildnis zu bieten hatte? Für diesen Moment, interessiert uns nur die Bohne! Es ist die salonfähigste Droge der Neuzeit. Koffeinhaltiges Schwarz, dass müde Menschen munter macht und geölt in den Tag treibt. Die Wärme einer vollen Kaffeetasse spendet Kraft und mütterliche Geborgenheit, in den verschiedensten Formen und Farben. Zwei ganze Bohnen wachsen an einem feuchten Strauch Yirgacheffe in Äthopiens Hochland, bevor sie durch Kinderhände auf den Containerschiffen unserer Erde landen. 35 davon feiern Wochen später in einem Straßenkaffee an Neuseelands Ostküste ihr koffeinhaltiges Latte Macchiato Finale. Dan öffnet die Tür zu seinem bescheiden Kaffee vor Sonnenaufgang. Es sind über 500 Kaffeekombinationen, die in den nächsten Stunden über die Fensterbank an ausgesurftes Publikum gereicht werden. In den verschiedensten Kombinationen ist Milch für die Klassifizierung der koffeinhaltigen Heißgetränke zuständig. Von kaltgepresstem Espresso über entfetteten Milchkaffee ist es letztendlich der Filterkaffee von Mutti, der unserem Barista ein Lächeln auf seine zu schmalen Lippen zaubert. Es ist die Leidenschaft zur Einfachheit und imperfekten Tätowierungen, die seinen Kaffeegenuss bestimmen. Es ist die allmorgendliche Priorität eines surfenden Kaffeeliebhabers, der selbst auf einsamen Surfexpiditionen im Nirwana, Wert auf richtige […]

MARGARITA

Wir haben eine Abschiedsparty geschmissen und mit etwas Verkleidung fuer unkommerzielle Oeffnungszeiten gesorgt. Dafuer haben wir die Leute eingeladen, mit denen wir die letzten vier Monate, die meiste Zeit verbracht haben. Natuerlich kamen auch deren Freunde, die wir seit dem vierten Margarita in dieser Nacht zu unserem engsten Freundeskreis zaehlen. Von nun an ist es an der Zeit auf fremden Computern zu schreiben und das Altbewaehrte zurueck zu lassen. Dafuer habe ich ein paar Tshirts zerrissen und eine Box mit vergangenen Anhaengseln bei genau diesen Freunden gelassen. Ich habe meine vollgepinkelten Neoprenanzuege neben die neuen Wintermodelle in meinem Surfshop gehangen und meine alten Bretter unter der Theke an die Kunden verkauft, die ihnen wieder die Aufmerksamkeit zukommen lassen, die ich ihnen nicht mehr bieten konnte. Mit aller Kraft haben wir versucht in die untersten Reihen der Supermarktregale zu greifen, um endlich die finanziellen Fruechte zu ernten, die sich Ersparnisse nennen. Alles fuer Tastaturen ohne Umlaut und ein Leben auf der Strasse, das uns davor […]

TOURIST

Du hast vier Kilogramm zu viel in der Tasche, die dich davor bewahrt haben verlustbringende Entscheidungen zu treffen. Du hast eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen und eine genau Vorstellung davon, wann du zurück sein möchtest. Du wählst den Check-In an dem eine gut geschminkte Flugbegleiterin mittleren Alters über jugendliche Witze lachen könnte und hast mit der Statusmeldung bis zum Flughafen gewartet: Santiago de Chile. Ohne Ausrufezeichen. Das klingt interessanter für die Menschen, die dein Leben nur über Facebook verfolgen. Vierunddreißig Menschen gefällt, dass du viel zu früh auf deinen Flieger wartest. Du hoffst darauf, dass dich die zufällige Platzierung deiner Boardkarte mit der schönen Brünetten bekanntmacht, die sich gerade etwas Deodorant unter die Achselhöhlen sprüht. Endlich geht die Reise los, von der du die letzten Monate nur erzählen konntest. Du hast dir eine zehn Megapixelkamera gekauft und immer noch keine Ahnung, was das eigentlich zu bedeuten hat. Im Internet sagen sie, du sollst nicht gegen die Sonne fotografieren und bei Regen den Blitz einschalten. Du sitzt jetzt endlich im Flieger neben einem Pärchen mit gleichfarbigem Nackenkissen. Es ist ein langer Flug. Du schaust True Romance und findest, dass das ein guter Film ist. Du bestellst das Hühnchen mit den gedampften Bohnen und fragst, ob du das Dessert gegen etwas mehr Kartoffelbrei eintauschen könntest. Du fühlst dich lebendig und erlaubst dir eine kalorienhaltige Spirituose, weil in dem Land deiner Zieldestination bereits die Sonne untergeht. Du sitzt am Fenster und bittest das Pärchen zum zweiten Mal um Entschuldigung, da du nach Gin und Tonic immer so oft auf die Toilette musst. Dann nickst du weg und träumst im Halbschlaf von dem Adele – Konzert, dass du letzte Woche durch ein Radiogewinnspiel besuchen durftest. Irgendwann bist du dort, wo dich keiner kennt. Du nimmst dir ein Hotel in Halbpension, weil du dir zumindest um die Mittagszeit etwas […]

ATTRAKTION

Und dann lädt der Touristendampfer uns für zehn Dollar auf dieser Insel ab. Es ist ein Ticket ohne Rückfahrkarte, weil die letzte Fähre schon vier Uhr ablegt. Jetzt ist es kurz vor eins und wir haben eine gute Stunde Fußmarsch vor uns. Sagt zumindest der Mann mit der Kapitänsmütze, der sich gerade einen vier Jahre alten Malibu aus der Minibar nimmt. Ein paar Chinesen fotografieren von Board und verstehen die westliche Welt nicht mehr, als wir mit ein paar Süßwasserkanistern eine Insel ohne Sehenswürdigkeit betreten. Hier wachsen Wälder ohne Wanderwege, die den Schauergeschichten der Festlandbewohner etwas Glaubwürdigkeit entgegenbringen. Dichter Pinienwald grenzt unfranzösisch an tiefblaues Wasser und die dazwischenliegenden Sandstrände. Mario hat einen Kompass und wir beginnen zu laufen, während sich die Mittagssonne langsam unter unsere deutsche Haut brennt. Das Betreten des Waldes ist verboten und nicht einmal auf die eigene Gefahr beschränkt. Ein paar erzählen von Fallen, die von eifrigen Cannabisbauern unsichtbar im Gestrüpp verteilt wurden, um Surfer davon abzuhalten durch das Dickicht abzukürzen. Andere von Wildschweinen, die groß genug sind, um vorm Lagefeuer für Aufmerksamkeit zu sorgen. Zu Letzt wäre da noch die Küstenwache, die unsere Feiertagsexpedition in übermäßige Länge ziehen könnte. Doch wir erliegen dem Reiz des Verbotenen und folgen schwitzend im Schatten der Pinienbäum bewachsenen Zeichen der Zivilisation. Bis zwei Uhr müssen wir an die Nordwestseite der Insel gelangen, um ozeanische Schönheiten anzutreffen, die sich nur bei niedriger Tide zeigen. Mario ist Barfuß und überquert scharfe Steine und Dornenbüsche wie ein Spartaner, schafft es aus Stolz aber nicht nach den Sandalen zu fragen, die Pippa in ihrem Rucksack mit sich herumträgt. Nach einer guten Stunde müssten wir den Wald eigentlich schon längt verlassen haben. Alle bleiben cool und lassen sich Gedanken natureller Orientierungslosigkeit nicht anmerken. Mein abwechslungsreiches […]

MAVERICK

Mir wird es zu bequem am Mount. Ich möchte mich vom Leben zeichnen lassen und damit aufhören mir zu teuren Schinken auf mein Frühstücksbrot zu schmieren. Seitdem ich vierundzwanzig bin, ist jeder jünger. Nicht das ich in der Blüte meines Lebens einen Gedanken daran verschwende irgendeines der vergangenen Jahre noch einmal erleben zu wollen. Dafür arbeite ich zu hart am Maximalen, damit die Falten des Mannes, der ich einmal sein möchte mehr erzählen als unterbezahlte Überstunden und kultivierter Zigarettengenuss. Mittlerweile ist es so heiß, dass man nachts nur noch im Spannbettlaken von einem noch besseren Leben träumen kann und ich mir nach jedem Nebensatz den Schweiß von der Stirn wischen muss. Dafür surfe ich endlich in Badehose und kann unangezogen ungezogene Dinge tun. Nicht was du denkst! Von literarischer Selbstbefriedigung wird man blind. Dennoch hat es gefehlt, das Erlebte in Zeichen zu setzten, die nur ein Deutscher versteht. Auch wenn ich mich auf der Südhalbkugel in gewohnter Manier von meinesgleichen abzugrenzen versuche. Bei zehn Stunden Surfboardverkauf, war neben den morgen und abendlichen Surfeinheiten einfach kein Platz für die Einsamen unter den Momenten. Sobald man in einem Straßenkaffee zur Mittagspause sein eigenes Wurstbrot auspacken darf, wird das Leben zu komfortabel. Man genießt Abendstunden mit der surfenden Entourage und vermeidet Blickkontakt mit den Frauen, die nur in kleinen Gläsern wie große Fische wirken. Deswegen verfrachten wir unser Leben wieder hinaus auf die Straße. Deswegen geben wir am ersten […]

SIEBZIGSTUNDENWOCHE

Ich habe Zeit und den Van so auf dem Mitarbeiterparkplatz geparkt, dass mich meine Chefin aufwecken kann, wenn wir aufmachen. Geplant hatte ich ausgesurft und fünf pünktliche Minuten später meinen arbeitsgegebenen Pflichten nachzugehen, als vertraglich vereinbart. Auf der Arbeit lache ich über WItze, die ich in meiner Freizeit nicht einmal einem Fünfjährigen unter den Schnuller schmieren würde. Viele lachen über meine überproportionalen Lunchpakete und meine leidenschaftliche Hingabe zu unmanierlicher Nahrungsaufnahme. Nach einer zu langen Nacht verstecken wir uns zwischen den Malibus vor unserer alkoholischen Altlast. Meine Chefin wäre sicherlich auch dabei, wenn sie nicht damit Beschäftigt wäre, in der Damenabteilung nach Kleidern zu suchen, die ihren […]