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BYND

Konstantin Arnold

DASEIN (Teil 01)

DASEIN (Teil 01)

Wenn man es nur schreiben könnte, wie es sich leben ließe. Ohne Absätze und Übergänge, die sich gegen das Leben versündigen, so wie es sich bietet und wie wir es lieben. Aufeinmal. Ohne Grund. An all den Zufällen vorbei, die wir im Nachhinein zu Notwendigkeiten erklären. Mit plötzlicher Brutalität. So wie ein Hirsch im Herbst auf Straßen springt, wenn man gerade einen hohen Berg runterrollt, um sich vom Helikopterfliegen zu erholen, und Pavarottis Radiostimme die Zeit zu Raum werden lässt, auf den dann der Hirsch knallt. Nehmen wir mal an. Viele verschiedene Orte, die erst durch uns miteinander in Verbindung treten. Am besten ist man an all diesen Orten, als ob man gar nicht an ihnen gewesen wäre, macht einfach weiter, wie zuvor, was immer auch gewesen ist. So meistert man die Orte, weil man da ist, wo man ist und keine Straßen geht und an Straßen denkt, die man nicht gegangen ist. Es kommt dann gar nicht mehr darauf an, wie viele Orte man gesehen hat, sondern wie viel man in jedem dieser Orte sehen konnte. Von einigen dieser Orte möchte ich erzählen, ohne jemanden mit unserer Liebesgeschichte zu belästigen. Die Liebe hat nur eine Geschichte und es ist immer die gleiche, und die könnte man überall verbringen, auch an Tankstellen, ist ja glücklich genug, hat all die schon Orte in sich. Alles, was über dieses große Glück hinausgeht, ist so spürbar wie Wolken, Leistungssteigerung im Spitzensport. Fast verschwendet. Man ist im Himmel, gefangen im Grenzenlosen, höher geht’s gar nicht, außer man fährt bergauf, dann nimmt man den Himmel eben mit oder lernt auch, mit viel sehr glücklich sein zu können. Gelingt das, ohne ein Arschloch werden zu müssen, schafft man ein Kunstwerk des Lebens, einen Überschwang, der kaum auszuhalten ist. Danach kommt nur noch All. Kann man dann mehr von solchen Zeiten erwarten, als dass sie irgendwann vorbeigehen oder wir sie ruinieren? Worte sind vielleicht nicht genug. Sie fassen nicht alles und jeden, aber nichts limitiert so sehr wie die Möglichkeit zu allem, denn alles ist die konstante Ablenkung vom Nichts. Und im Nichts beginnt unsere Reise. Ein bisschen außerhalb der Zeit. In einer Villa auf einer Insel mit 4000 verschiedenen Pflanzenarten, die irgendein Hedonist mitten in den See geflanzt hat, um im Dickicht zu veranstalten. Die Villa ist jetzt ein kleines Hotel und die Pflanzenarten sind durstig und unvergleichlich und sehen nicht aus wie Hawaii oder Tahiti, weil es nichts gibt, was so ist. Die Natur zieht einen auf, ganz ohne Sitten und Manieren. Hier ist es am allermeisten so. Man ist dem Augenblick ergeben, spürt einen Aufenthalt lang, wie alles ist, das ganze Leben und kann dann traurig werden, etwas trauriger als sonst, aber richtiger, und schöner […]