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BYND

Konstantin Arnold

NEVADA

NEVADA

Die schönste Zeit des Jahres fing traurig an. Wir verpassten das Blühen der Bäume. Wir sahen es jeder für sich. Heute weiß ich, dass sie an den Abenden auch an mich dachte, wenn sich die wichtigen unwichtigen Dinge des Tages legten und Musik und Rauch aus den Gassen kamen und die Alten tanzen sah und wieder wusste, dass man stirbt. Ein Lied, ein Geruch, ein Hauch Erinnerung, durch den man sich wiederkennt. Wir verlieren uns ja so im Leben. Hören Volksmusik und riechen Sardinenrauch und träumen von lauen ungeplanten Abenden auf Plätzen, Treppen, Tanzen in Gassen unter Bäumen an eine Kathedrale gelehnt. Wie viele Abende. Der in Penha und der in Campolide und der in Chelas, den wir niemals hatten. Abende wie Fantasien, an denen wir beide in einem möglich waren. Jetzt wird es Abend in Lissabon, wie es nach einer schlechten Zeit gut wird. Man sieht den Abend kommen, nur das Gute sieht man nicht, und das danach. An die Kathedrale gelehnt, in einer Gasse, in der die Leute unseres Viertels tanzen. Der Bäcker, der Metzger, die Wäscherinnen und der Straßenkehrer, ein paar unvermeidliche Deutsche. Manche von ihnen habe ich noch nie Sonntagssachen gesehen. Du kennst mich, ich trage die immer denselben festlichen Aufzug, jeden Tag, aber in diesem Monat nur einen, aus dem der Rauch sowieso nicht mehr rausgeht. Die Flecken geben mir dann einen Grund zur Wäscherei Jaguar zu gehen. Gut, noch eigene Wege zu haben. Was soll ich sonst tun, Touristinnen anmachen? Gedachtes denken, gegangene Wege gehen, wie stehe ich denn jetzt abends wieder an der Bar, an eine Kathedrale im All gelehnt. Ich sehe alles durch Glas, aber nichts dringt mehr ein. Das All um mich bedeutet nichts und nur nichts ist vollkommen. Es gibt kein Copy Paste. Gestern Abend war ich in Penha. Nicht weit von den Treppen an den wir uns trennten. Es ist trotzdem noch eine schöne Straße. Vitor hatte den Grill vor der Tür. Sardinen, Bauchfett und kalten Wein. Ich saß da mit einer. Hübsch, aber nicht so wie Cohen singt. Ein Stück weiter vorn war eine Bühne, auf einer kleinen Wiese, die von gemütlichen Mauern eingefasst war und von Wein und Lichterketten überragt wurde, aber so, dass noch genug Nachthimmel durchschien. Da waren Paar, die sehr gut tanzten. So schön wie Frauen nur schön sein können, die sich küssen. Tanzen konnte die nicht und ich dachte, es ist gut und einfach, sich in schlechten Zeiten zu vermissen, aber besser, es in den guten zu tun. Traurig, weil Santos Populares etwas so Fröhliches ist. Du sagtest mal, there is a Hell in every Hello, a good in every goodbye und a lie in every believe. Manchmal, wenn aus einer schönen Freitagnacht ein langer Samstagmorgen wurde und wir nicht stritten und nicht so verkatert waren und uns lesen ließen, glaubte ich daran. An eine Befriedigung der Seele, die unter alle Ermüdungen nie ermüdet. Eine Bewunderung, ein Streben, das Gefühl, dass du mich noch nie so tanzen sehen hat. Mit Tränen in den Augen. Wieso musstest du mich besitzen? Ich kann mit Erwartungen nicht umgehen und du sagst, ich hätte dich zerstört? Eins gegen eins ist nichts. Und die Lösung des Rätsels keine Lösung und so betrinkt man sich am Wein eines Landes und lässt die Tränen in verwahrloste Gärten fließen. Wein und Weinen, das kann doch kein Zufall sein. Die Tage vom Ende hergedacht. Meine Verflossenen sind wieder mir! Was mich auf komische Gedanken bringt. Die Liebe liegt in manchen Herzen wie in Särgen, pocht an die Welt und will nicht sterben. Ich wollte beweisen, dass […]