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BYND

Konstantin Arnold

GEGENWART IST UNENTGELTLICH

Es ist die Nacht bevor es losgeht. Wir haben Brot gebacken und sechzehn Eier gekocht. Salz in Alufolie verpackt und zu viel Knoblauch in den selbstgemachten Humus geschnitten. Wir haben fremde Frauen mit Couch in Wellington angeschrieben und in einer charmanten Kollektivmail unser Vorhaben illustriert. Für die nächsten Tage werde ich höchstens für Mama erreichbar sein. KeinG und kein Guthaben. Ich komme mir deutsch vor, während ich die Schilder prepariere, die für die nächsten Tage den richtungsweisenden Ton angeben. Ich entscheide mich gegen Deodorant und überlege, ob ich wirklich drei Shirts brauche, um endlich ein Mann zu werden. Es ist schwierig den Rucksack zu packen, wenn man nicht weiss, was der Negativfilm meiner Kamera zu erwarten hat. Am Morgen danach ist es fast elf! Wir sind auf dem Weg an die Straße und erwarten durch jugendlichen Optimismus eine Direktverbindnung zu dem Konzert in Wellington. Bis dahin sind es noch zwölf Stunden und fast sechshundert Killometer. Nach knapp dreißig Absagen auf vier Rädern stoppt eine attraktive sechsundreißig Jährige. Sie fährt nach Hamilton und erzählt uns, dass der Kinderwunsch mit zunehmendem Alter nicht abnimmt. Auf der Suche nach dem Vater ihrer Kinder halten wir an einem Kiosk, in dem Zigaretten wohl das gesündeste sind, was neuseeländische Dollar kaufen können. Fünfundzwanzig Killometer später stehen wir wieder an der Straße und ich halte meinen zu großen Daumen in Fahrtrichtung. Wir brauchen für einhundert Killometer fast sechs Stunden und vier verschiedene Fahrer. Das Repertoire reicht von homosexuellen Umweltschutzaktivisten bis hin zu Maoris, die während der Fahrt mehr Whiskey trinken, als ich seit meiner Volljährigkeit kaufen konnte. Dann erreichen wir Taupo. Eine Provinzstadt, die ohne diesen See am Fuße des Schicksaalsbergs keinerlei Daseinsberechtigung hätte. Für drei Stunden stellen wir unser Leben in Frage. Kein Auto hält und wenn nur um uns zu sagen, dass kein Kiwi um diese Zeit noch auf dem Weg in die Hauptstadt ist. Es wird kalt und es wird dunkel. Der Gedanke es noch rechtzeitig zur Destination zu schaffen, die musikalisches Abendprogramm und flüchtige Bekanntschaften verspricht, verliert sich in Realismus. Wir haben noch noch nie in einem Backpackers Hostel genächtigt und sind wohl auf, diese Bilanz bis zur künstlichen Hüfte aufrecht zu erhalten. Es wird noch kälter und es wird noch dunkler. Wir stinken nach Knoblauch und sind in Gedanken beim ersten Gin Tonic  […]

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