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BYND

Konstantin Arnold

FIX & FERTIG

FIX & FERTIG

Gleich im neuen Jahr musste ich, wie man gerne so sagt, für ein paar Tage nach Oslo. Ich musste es, wie man eigentlich gar nichts muss und es von allen Dingen behauptet, die man lieber muss, anstatt sie wollen zu können. Ich bin also in Oslo gewesen, aber wirklich da war ich nicht. Ich war höchstens da, wie Munchs Melancholiker am Asgarsdstrand gewesen ist. Total abgeschnitten von der Welt, in Gedanken, die ihn vom Leben trennen und sich in Wellen die Küste des Fjords, an den Steinen lang, in die Ferne schwingen. Nur das Munchmuseum und Schaumwein, nach dem Munchmuseum, konnten noch helfen. Aus irgendwelchen Gründen dachte ich, dass man in Oslo aber nicht Trinken und Rauchen kann, oder nur teuer, was das gleiche ist, aber das ist nur in Neuseeland so und auch nur für bestimmte Generationen, die nach 2009 geboren sind. Ich fürchtete trotzdem, dass man nicht Rauchen könnte und dann nur das Denken hätte und was dann die Leute dächten, wenn man in Oslo ist und denkt, ohne rauchen zu können. Es gibt bessere Orte zum Denken,   als den Norden, den Süden, den Sommer, am Strand. Alles schlimme kommt vom Denken, auch das Rauchen. Es ist eine Not, das kann man sich kaum vorstellen. Vielleicht höre ich aber bald damit auf und verbringe meine Zeit nur noch mit Rauchen und den Tieren, die hab ich lieb, die streichle ich, die sprechen so nett zueinander, poppen und fressen sich auf. Ich denke, dass die nicht denken. Nur Menschen denken über Gedanken nach, aber selbst die gedachtetsten, so substanzlos sie sind, brauchen einen Stützpunkt, sonst beginnen sie zu rotieren und sinnlos um sich zu kreisen, denn auch sie ertragen nicht das Nichts ohne Wein. Dieses tägliche weiße Blatt, Morgen für Morgen ein neuer Niemand, wie Sloterdijk schreibt. Picasso hatte das jeden Tag. Munch die ganze Zeit, wenn er sich, trotz Abstinenzbewegung, nicht gleich was hinter die Rinde schüttete. Und ich fürchtete, dass ich nicht Rauchen und nicht Trinken könnte und dann nur das Denken hätte. Ich war so einsam und gleichgültig und nüchtern auf der Welt, dass ich von nichts und niemandem Notiz nahm. Ich schrieb nichts, sah nichts, aß kaum, obwohl ich in tolle Lokale ging und hing wie ein Fisch an jedem Wort, das sie sagte, wenn man ihn aus dem Meer zieht. Ich musste wohl wahnsinnig geworden sein, oder wie man gerne so sagt, wenn man nicht anders kann, verliebt. Normalerweise komme ich, nach so einer Reise, zu Hause an, packe meine Sachen aus, rauche wenig, schlafe viel, trinke nichts, zwinge mich, bis das Denken aufhört und das Schreiben beginnt. Mir fällt dann langsam wieder auf, was mir aufgefallen ist und wie viel das kostete. Das einzige, was ich mit Sicherheit sagen kann, Oslo ist teuer, aber gar nicht so schlimm und kalt und dunkel, wie man […]