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BYND

Konstantin Arnold

WALLUNG

Endlich wieder Transit. Ziel erreicht. Nicht mehr hier und immer noch nicht da. Hauptsache unterwegs ohne darüber zu sprechen. Johannesburg. Zwischenstopp. Mitternacht, aber zu Hause gibt es gerade erst Frühstück. In Transitzonen sind alle gleich. Gleich interessant. Weil Abenteuer Alltag. Ich lebe zwischen den Orten für diesen Moment, in dem anonym nur das Jetzt zählt. Nichts definiert. Bis auf die Kleiderordnung im Rollkoffer und die bezahlte Begrüßung am Check-In. Weil man heute und morgen schon wieder weg ist. Verspätet, verschlafen, und vielleicht noch beruflich hier. Gespannt, aber dank Urlaubsbräune cool und gelassen. Frühstück bis 10, Übergepäck und dann viel zu teurer Espresso. Abschied trifft Ankunft. Realität zwischen sonnigem Ausblick und gemachter Erfahrung. In Übersee oder am Fließband. Natürlich ist der Alltag von Menschen interessanter als ihre Abenteuer, weshalb ich trotz fehlender Anerkennung das heimatliche Kellerzimmer schätze! Aber Abflugtafeln sind die elektronische Version der Freiheit. Freiheit die Parole unserer Zeit und Zeit zwischen Fensterplatz und anmutigen Stewardess laut Reiseplan vorgegeben. Solange über den Dingen. Sitzend, aber in Bewegung. Die Welt zu Füßen. Zum Pinkeln in München, zum Scheißen in J-Bay. Bist du noch bei mir oder dir selbst treu geblieben? Denn Horizont erweitern, ist wie Brust vergrößern. Überall möglich doch irgendwie unnatürlich. Jedenfalls mittlerweile. Oder bist du immer noch verwundert, dass man hier kein Deutsch spricht und Bier vom Fass Südafrikanischen Rand kostet? Ich liebe verrauchte Bars, aber bitte ohne den kleinbürgerlichen Wunsch nach Exotik. Deshalb zurück in den Transit und seinen eigenen Regeln. Weder Fisch noch Fleisch. Übertrieben und entweltlicht. Obwohl man gerade erst wieder versteht wo auf der Erde eigentlich Nacht ist. Irgendetwas tut sich. Mit 25. Muss ich deswegen damit anfangen mein T-Shirt in der Hose zu tragen oder ertrage ich einfach keine nicht ausformulierten Notizen? – schaue Lost in Translation  im ICE nach München und denke, dass Scarlett Johansson mein Typ ist  – streue mir am Frühstücksbuffet unwissend Dekoration ins Rührei – knutsche Mitbewerberin nach Axel Springer Testtag zwischen Alexanderplatz und Friedrichstraße. Muss ich für diesen Thrill um die halbe Welt fliegen oder kann ich direkt hinter dem Gartenzaun damit anfangen? In einem zweiten Frühling, indem man sich und das Waldstück vorm eigenen Elternhaus völlig neu kennenlernt? Die Antwort ist: Nein! Weil es hier morgens meistens bewölkt ist und man Geduld braucht, um trockenes Feuerholz zu finden. Weil jeder einzelne Kilometer Abstand erst wirklich frei macht von den Erfahrungen, die uns mit den heimatlichen Selbstverständlichkeiten verbinden. Abenteuer ist eine Perspektivfrage und der Thüringer Höhenwanderweg forstwirtschaftliche Langeweile mit internationaler Bekanntheit. Hektische Jogger auf der Suche nach Kondition vergangener Tage. Funktional gekleidete Rentner auf dem Weg zum nächsten Stück Schwarzwälder Kirschtorte. Und wir. Falsch gekleidet, übermotiviert und nach 25 Kilometern völlig durchnässt. Und ich dachte wir machen Wildnis? Schlafen auf Moosböden, trinken Whiskey am Feuer und lassen das […]