HANNA
Allein in einer fremden Bar. Zwischen Tanzfläche und Theke erfindet sich die Königsdisziplin für junge Männer, die zu viele alte Mickey Rourke Filme gesehen haben. Die gerne maximales von der eigenen Freiheit fordern. Im schwarzen Mantel ohne zu schwitzen. Unter Blickkontakt die eigene Gesellschaft genießen. Feuer zwischen Frau und Mann, die heute Nacht selbst entscheiden können, wer sie eigentlich gerne sein möchten. Geheimnisvoll und für die Entlastung gerne auch angelehnt. Hauptsache nicht tanzend. Jedenfalls noch nicht. Nur durch Gin Tonic beschäftigt, aber zu zufrieden für einsam. So viel zur Aura und der vollsten Perfektion in jedem Zug meiner Zigarette. Die Musik wirkt einladend ohne aufzufordern und dieses braunhaarige Mädchen hat gerade wieder hierher geschaut. Ihre Bewegungen sind ehrlich und unbeobachtet. Klares Gesicht, markante Augenbrauen. Vielleicht Anfang Zwanzig. Durch ihre vollen Lippen erzählt sie gerade ihrer Freundin, dass hinter ihr ein Typ steht, der sie die ganze Zeit anschaut. Lächelt, wenn sie lächelt. Lacht, wenn es zum Moment passt und wegschaut, wenn es nötig ist. Spreche ich sie an oder genießen wir beide noch etwas länger den Raum, der nur der Idee gehört und allein vom Thrill diktiert wird. Ich gehe auf die Toilette ohne zu müssen. Dieselbe Toilette, in der sie später von mir verlangen wird, dass ich sie ohne Kondom ficke. Bis hier her ist sie für mich ein Mädchen zum Frühstücken. Zum Wiedersehen und beindrucken. Vielleicht sogar zum Tanzen. Deswegen berühre ich im Vorbeigehen ihre Hand. Sie fasst zu, obwohl ich gerade von einer blondhaarigen Unterhaltung belagert werde. Gutes Timing. Ganz nett und wahrscheinlich auch schön, aber ich habe nur Augen für sie und diesen Moment, den wir gerade teilen. Dieses Spiel, was wir gerade spielen und die Geschichte, die wir damit schreiben. Ihr Name ist Hanna und jetzt beginnt sich die Erwartung unserer Fantasie mit Realität zu messen. Verliert die Fantasie, verlieren wir uns. Stimmen beide überein, bezahle ich die Drinks und überrascht die Realität weiche ich die nächsten 36 Stunden nicht mehr von ihrer Seite und werde sie bis zu meinem Abflug berühren. Bin ich betrunken oder verknallt? Oder beides? Oder warum sehe ich in Ihr auf einmal das, was sie ist und nicht das, was sie nicht ist. Sie ist intelligent und dadurch zurückhaltend, Tänzerin und wurde von Gott mit den dafür nötigen Voraussetzungen gesegnet, die sich nur mit ihrem unschuldigen Gesicht, um die Hoheit der Ausstrahlung zu messen scheinen. Eine Pfarrerstochter, die gerade ihre Hand in meiner Hose trägt ohne, dass ihre rehbraunen Augen dabei auch nur einen Finger verraten. Wir tanzen (traditionell). Wir reden (nicht nur ich). Wir schwitzen (eigentlich nur ich). Wir rauchen (viel) bis in unserem Treiben kein Platz mehr für die Gegenwart der anderen ist. Bis ich mich zum zweiten Mal in der Toilette wiederfinde auf der ich vorhin schon nicht musste. Wie gesagt, Hände überall und keine Kondome. Sie will. Ich nicht. Nur kurz! Nein! Intensiv. Weil (schöne) Kinder für immer! Das ist draußen alles nichts neues, außer ich spreche hier wirklich von einem Mädchen zum Frühstücken, das nach dem unerfüllten Ende dieses Moments nur kurz eine Freundin zu Tür bringen wollte. War sie zu heiß und ich zu vernünftig? Sie kommt nicht wieder. Na klar kommt sie wieder. Komm wieder, habe ich gesagt. Oder gedacht? Alles viel zu schnell und viel zu spät. Sogar für den Nachnamen zu cool geblieben. Verdammt nochmal wo ist sie? Ich muss dieses Mädchen finden, bevor sie zu dem wird, was ich schon immer gesucht habe. Bevor meine Erwartungen die Fantasie zur Realität erklären. Google. Schlagwort Anna, italienische Wurzeln und irgendwas mit Eventmanagement. Scheiße! Die 87. erfolgreiche Hip Hop Crew und immer noch keinen Treffer. Bayreuth irgendwas mit Red. Ja, aber wann? Und das schon seit zwei Stunden. Ihr Gesicht verblasst. Verdammt erinnere dich oder fang […]