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BYND

Konstantin Arnold

ANFÄNGER

ANFÄNGER

Ich kann meine Erfahrungen nicht mehr auseinanderhalten, sie Menschen und Momenten zu ordnen. Zeit und Ort mit Erlebtem versehen, wie bei einem Dokument, das in Erinnerungen abgeheftet wird oder als kleines privates Abenteuer, das nie gesagt, aber geschrieben wurde. Man kann die Dinge nicht einfach so schreiben, selbst auf Bildern verschwimmen sie, greifen von der Stadt einer Erfahrung in die nächste über. Und wenn man sie dann schreibt, um den Menschen davon zu berichten und sie von einander fern zu halten, kann man sie nicht schreiben, ohne emotionales Zeug dran, mit dem sich die Leute selber infizieren, die das lesen. Sowas wie Tod, kennt jeder oder hat zumindest schon mal davon gehört, wie man von einer Fernreise hört, die jemand macht, den man gut kennt und das Gefühl auslöst, selbst am Balkonfenster dieses Hotels zu stehen und in die heißen Straßen zu blicken, obwohl man hiergeblieben ist. Sind ja schon dümmere vor uns gestorben. Aber keine Angst, die Mission hält uns am Leben. Vom allgemeinen zum speziellen bedeutet das: Die guten Zeiten bringen uns um. Wir sind am Ende dieser Geschichte so fertig, dass wir zehn Stunden schlafen und immer noch fertig sind. Die Tage hatten nie genug Stunden und die Nächte waren kurz. Wir wollten ja ins Bett, aber natürlich raucht und trinkt man noch einen mit, stirbt ein bisschen mehr, besonders, wenn man selbst der Grund fürs Trinken ist. Ich glaube, ich kann meine Leber fühlen, weiß jetzt genau wo sie sitzt. Aber vielleicht ist das gar nicht die Leber, das wäre schön. Mein Problem? Ich kann keine Mahlzeiten mit Menschen zu mir nehmen, die mir was bedeuten, ohne Wein. Sie wollen, dass wir trinken und sie wollen, dass wir rauchen, ohne rauchen und trinken zu müssen. Eine, und noch eine, einen nach dem anderen, weiter, immer weiter, mehr und mehr, immer leichter wird es schwer, so wie bei Stierkämpfern, die sich immer näher an den Tod heranwagen müssen, weil sich die Menschen einfach an alles gewöhnen, an das Schlechte, und auch an das Gute, daran, dass man fressen kann, ohne fett zu werden, dem Tod von der Schippe springt. Haben wir das Spiel zu weit getrieben? Die Verzeihung der Jugend verzockt? Intensität und Genuss, ohne die Gefahr eines drohenden Krieges. Gar kein schlechter Organismus, ich weiß, bin Zeuge meiner eigenen Empfängnis geworden. Man darf das nicht tun, nur weil es ein Klischee ist, aber man darf das auch nicht nicht tun, nur weil es eins ist. Man trinkt und raucht nicht auf seiner Lesung, um einem Ideal näher zu kommen oder einer Geschichte, die man selbst von sich geschrieben hat, sondern um sich festzuhalten, wie an einem Geländer. In Wien werden Legenden so Wirklichkeit, in Paris ist das umgedreht und in Zürich hat es nie Legenden gegeben. Man steht da, verabschiedet sich und jeder geht in seine Stadt. Die Ländergrenzen verschwimmen zwischen Phantasie und Wirklichkeit. Wo fängt das eine an, wo hört das andere auf und hört das eine überhaupt auf oder fängt das andere nur an? Siehst du, wir können ja nicht mal vom selben Land reden, wenn wir vom gleichen sprechen. Vier Flüge, acht Züge und weiß ich wie viele Taxifahrten später. Wo ist eigentlich mein Handy? Wenn man in drei Wochen drei Opernhäuser sieht, macht das was mit einem. Die kleineren Städte und München gar nicht mitgezählt. Die Münchner Oper wäre in Paris oder Wien ein Schuppen, in den man Dinge stellt, die man nicht braucht, aber auch nicht entsorgen kann, weil man sie von einem Arschloch bekommen hat, das das ganz genau wusste. Ach es war doch ein sorgloser Sommer. Wir fickten, als ob es keine Kinder gäbe. Fuhren von Stadt zu Stadt, Freunden zu Freunden, und den Freunden, zu denen wir fuhren, waren die Freunde, von denen wir kamen, total egal. Wir sprachen Englisch in vielen verschiedenen Sprachen und wie die Leute mit uns Englisch sprachen, verriet uns viel über die Sprache, in der sie es sprechen konnten. Wir wohnten in guten Hotels, besuchten Museen, liefen durch Parks, saßen in Cafés, standen an Kästners Grab und wollten Wein draufkippen, hatten aber keinen dabei. Wir waren jung und frei und froh, bis auf die Probleme der Vorstellungskraft, die wir uns selber machten. Richtige Probleme hatten wir nicht, obwohl die nie so schlimm gewesen wären, wie die, die wir uns selber machten […]

 

OLYMPISCH

Überall gegenwärtig und doch nicht greifbar. Irrational und wenig durchdacht, diese mystische Angst vor dem Mainstream. Von wem getragen, von wem gefürchtet? In Zeiten, in denen ein millionenstarkes Sensationspublikum die Sendezeiten bestimmt, Core Brands wie Vans Milliardenumsätze schreiben und Nyjah Huston seine Skateboards in einem 2.7 Millionen Dollar teurem Poolhouse unterstellt, sollten wir uns verabschieden. Verabschieden von der Verpflichtung den Spirit unserer geliebten Randsportarten wie einen Heiligen Kral in unseren Kellern einzusperren, um ihn vor dem  Rest der Welt fernzuhalten. Immerhin leben wir nicht mehr in den 80’ern, sondern ändern heutzutage unser Profilbild. Wir haben genügend Smileys für fast jede Gefühlslage und fühlen uns eigentlich nur noch durch retromodische Fehltritte mit einer Vergangenheit verbunden, die wir vielleicht gar nicht selbst erleben durften. Die Zeiten, in denen Interviews mehr getan haben, als nur Sponsoren zu danken sind vorbei. Zeiten, in denen man auf Dopingtests verzichten musste, weil sonst drei Viertel der Surfing World Tour nicht mehr teilnahmeberechtigt gewesen wären, auch. Früher war alles besser? Sagen wir sicherlich auch in 25 Jahren. Massenmedien, Massensportart, Werbeblöcke und Gewinnspiele in der Halbzeitpause. Wird dir schon schlecht? Wir versuchen es anders! […]